Historische Weg-Bereiter
Ausspanne in Seerhausen: Knarrend halten die großen Holzräder eines hoch beladenen Fuhrwerks vor dem alten Gasthof. Der Kutscher spannt die müden Gäule aus und führt sie an den Haferkasten, bevor er sich in den Gastraum begibt. Der ist gut gefüllt an diesem Tag im Jahr - sagen wir - 1751. Und die Menschen darin einte damals eines: Sie alle waren unterwegs auf der VIA REGIA, der großen mitteleuropäischen Handelsstraße, die von Erfurt nach Breslau führte und traditionell auch als Hohe Straße bezeichnet wurde. Sie ist das Herzstück der gleichnamigen europäischen Kulturstraße VIA REGIA, eines Verbundes historischer Altstraßen die in Gänze von Kiew in der Ukraine bis ins spanische Santiago de Compostela reicht. Durch unsere Region führen zwei Arme der VIA REGIA. Der ältere führt in Strehla über die Elbe. Bei uns vor Ort erstreckt sich die Route von Oschatz nach Großenhain und streift dabei damals wie heute das an der Elbe gelegene Boritz, die kleinen Örtchen Heyda, Gostewitz, Böhlen, Jahnishausen und das eingangs erwähnte Seerhausen. Die Fuhrleute von damals kannten sich aus. Doch wer weiß heute noch darum?
Zum Beispiel die Mitglieder der Initiativgruppe „VIA REGIA Begegnungsort Riesa“. Während zahlreiche ökumenische Pilgerwege sich inzwischen großer Beliebtheit erfreuen, so die Gostewitzerin Elke Schumann, ist die „Große europäische Kulturstraße“ als die sie 2006 vom Europarat ausgezeichnet wurde, vergleichsweise wenig bekannt. Und dies, obwohl sich der historische Verlauf der VIA REGIA zwischen Seerhausen und der ehemaligen Furt bei Boritz bis heute in Form öffentlicher Straßen und Wege vollständig erhalten hat! Nichts liegt also näher, als die geschichtsträchtige Kulturstraße auch in unserer Region bekannter zu machen, zumal sie durch landschaftlich reizvolles Gelände führt. Informationstafeln entlang des Weges, so die Idee der Initiativgruppe, könnten Wanderern und Radlern die Geschichte der VIA REGIA näherbringen und zugleich auf Sehenswertes in den anliegenden Orten hinweisen: Sei es die Schlosskirche in Jahnishausen, die historische Wegesäule in Böhlen oder die Lutherlinde von 1846 in Gostewitz. Entwürfe für einige dieser kleinen „Bildungs-Träger“ vor Ort liegen bereits in der (virtuellen) Schublade des Jahnishausener Heimatforschers Peter Griepentrog. Sind sie erst aufgestellt und spricht sich herum, was auf dieser alten Straße vor unserer Haustür alles zu entdecken ist – wer weiß, dann öffnet sich für hungrige Wanderer eines Tages womöglich auch wieder der Jahrhunderte alte Seerhausener Gasthof…
(Autor: K. Schanze)